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LA3 – Endlich – ein neues Abnehmmittel

Erfahrungen aus der Naturheilpraxis von René Gräber

René Gräber
René Gräber

Nichts ist älter als der Schnee von gestern. Nur neue Abnehmmittel sind noch älter. Denn wie viele davon gibt es inzwischen und hat es in der Vergangenheit gegeben?! Und jeder propagiert, dass seine Variante die ist, die „wirklich“ wirkt. Das verräterische Wort „wirklich“ signalisiert dem Leser, dass es wohl an der Tagesordnung ist, dass Abnehmmittel in der Regel nicht „wirklich“ wirken wie angekündigt.

Fast jedes Mittelchen bewirbt sich mit besonderen Eigenschaften, die das Abnehmen garantieren – Eigenschaften, die andere Mittelchen nicht haben und daher weniger wirksam sind (sein müssen). Dies ist die altbewährte Marketingbotschaft in diesem Segment. Ich haben einen Überblick über dieses „Chaos“ in diesem Beitrag verfasst: Schlankheitsmittel und Schlankheitspillen im Test.

Jetzt schwappt eine neue Botschaft eines neuen Abnehmmittels über den großen Teich auf uns nieder.

LA-3 – das erste Mal in der Geschichte der Menschheit

LA-3, so heißt der neue Renner unter den Abnehmmittelchen. Auf der fraglichen Webseite können wir Folgendes lesen: „Zum ersten Mal in der Geschichte haben Sie die Gelegenheit, Ihre Konzentrationen von AMPK anzukurbeln – der „Hauptschalter“, der viele Ursachen für das Altern im Körper reguliert“. Und so bewirkt mehr AMPK mehr Energie, klareres Denken, weniger abdominales Fettpolster und einen stärkeren und gesünderen Körper. Interessant, nicht wahr?

Was also ist LA-3, was ist drin und was ist AMPK?

Laut Angaben enthält das Produkt drei Inhaltsstoffe: Gynostemma pentaphyllum Blätterextrakt, Quercetin und Berberin.

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Gynostemma pentaphyllum

Gynostemma ist eine krautige Pflanze, deren Teile als Gemüse, Tee, Salat etc. verwendet werden. Sie gilt in der TCM als „Heilkraut gegen Hungersnot“. Wissenschaftliche Untersuchungen haben bislang über 100 Saponine aus der Pflanze extrahieren können, wovon acht dieser Saponine mit denen von Ginseng identisch sind.

In der TCM wird Gynostemma (Jiaogulan) eingesetzt, um zu entgiften, den Blutzucker zu senken und die Leber zu schützen. Sie wird häufig bei zu hohen Blutfettwerten eingesetzt. Die Pflanze scheint eine besonders gute Wirkung bei der nichtalkoholischen Fettleber zu haben (The add-on effects of Gynostemma pentaphyllum on nonalcoholic fatty liver disease.).

Es gibt sogar eine randomisierte, doppelblinde, Placebo kontrollierte Studie zur Frage des Abnehmeffekts der Pflanze bei übergewichtigen Probanden:

Antiobesity effect of Gynostemma pentaphyllum extract (actiponin): a randomized, double-blind, placebo-controlled trial.

An dieser Studie nahmen 80 übergewichtige (BMI über 25) Frauen und Männer aus Korea teil. Die Beobachtungszeit betrug 12 Wochen. Untersucht wurden Körpergewicht, Verlust von Fettmasse und metabolischen Markern. Die Teilnehmer wurden zufallsbedingt in 2 Gruppen aufgeteilt. Die Verumgruppe erhielt 450 Milligramm Gynostemma-Extrakt pro Tag; die Placebogruppe ein entsprechendes Placebo. Gemessen wurden Fettverteilung am Bauch, anthropometrische Parameter und Blutfettwerte, zudem sicherheitsrelevante Aspekte, wie Nebenwirkungen, Resultate von Labortests, EKG und Vitalzeichen.

Resultate: Während der Beobachtungszeit nahm in der Verumgruppe abdominales Fett, Körpergewicht, Körperfettmasse, prozentualer Anteil an Körperfett und BMI signifikant ab. Bei den Sicherheitsparametern zeigten sich keine signifikanten Veränderungen.
Die Autoren schlossen daraus, dass der Extrakt eine potente gewichtsreduzierende Wirksamkeit hat, ohne dass signifikante Nebenwirkungen zu erwarten sind. Daher empfehlen sie den Extrakt zur Behandlung von Übergewicht.

Mein Fazit: Für eine randomisierte Studie sind 80 Teilnehmer zwar besser als gar nichts, aber immer noch zu wenig, um eine statistisch signifikante Aussage machen zu können. Was mir als etwas fragwürdig aufstieß war die Beobachtung, dass „actiponin“ in der Zusammenfassung nicht als Produktname gekennzeichnet war, sondern den Eindruck hinterließ, dass es sich hier um eine natürliche Wirksubstanz, wie zum Beispiel Adiponectin, handelt. Diese Arbeit ist also eine wissenschaftliche Untersuchung zu einem kommerziellen Produkt (TG Biotech Co.,Ltd.) auf Basis von Gynostemma-Extrakt. Der volle Text der Veröffentlichung, für den es einen Link gibt, ist nicht einsehbar (toter Link). Mögliche Interessenskonflikte der Autoren werden nicht angegeben, sind aber wahrscheinlich, da die Darstellung des Extrakts als Wirksubstanz und nicht als Markenname irreführend gestaltet ist.

Es bleibt hier immer noch die Frage, was hat Gynostemma mit der Aktivierung von AMPK zu tun, um die es augenscheinlich hier geht. Näheres zu dem Enzym werde ich weiter unten erklären. In der wissenschaftlichen Literatur gibt es zu dieser Aktivierungsfrage nur wenig zu lesen. Eine interessante Arbeit aus dem Jahr 2012 hat allerdings bei Mäusen einen positiven Effekt feststellen können: Heat-processed Gynostemma pentaphyllum extract improves obesity in ob/ob mice by activating AMP-activated protein kinase.

Nach 8 Wochen zeigte sich hier eine Reduktion von Gewicht der Leber, Körpergewicht und Cholesterinwerten bei gleichzeitiger Aktivierung von AMPK. Allerdings stolpern wir bei dieser Studie wieder über den Begriff „actiponin“, der nicht als Markenname ausgewiesen wird, sondern den Eindruck einer natürlichen Wirksubstanz suggeriert. Auch die Autorenschaft ist fast identisch mit dem zuvor diskutierten Beitrag.

Quercetin

Zum Quercetin hatte ich selber einen ausführlichen Beitrag verfasst: Quercetin.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Quercetin-haltige Nahrungsmittel eine Reihe von physiologisch vorteilhaften Wirkungen ausüben, wobei die Reduktion von Körpergewicht nicht unbedingt im Vordergrund steht. Dabei erwähnte ich auch, dass die Substanz als Reinsubstanz möglicherweise problematisch werden kann.

Denn hohe Dosierungen über einen langen Zeitraum scheinen mutagen wirken zu können, ein Effekt, der bei der Zufuhr von Quercetin über natürliche Nahrungsmittel bislang nicht beobachtet wurde. Oder mit anderen Worten: Auch hier haben natürliche Nahrungsmittel wieder einmal die Nase vorne.

Es gibt eine Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten, die gezeigt haben, dass Quercetin AMPK aktiviert. Die Untersuchungen, die bislang dazu gemacht worden sind, beschränken sich jedoch auf positive Effekte bei Typ-2-Diabetes (Quercetin, a Lead Compound against Type 2 Diabetes Ameliorates Glucose Uptake via AMPK Pathway in Skeletal Muscle Cell Line.), wo durch die Aktivierung des Enzyms ein deutliches Nachlassen einer Insulinresistenz zu beobachten war.

Eine weitere Arbeit (Quercetin induces bladder cancer cells apoptosis by activation of AMPK signaling pathway.) berichtet von einer durch Quercetin vermittelten Aktivierung von AMPK, die in einer Apoptose von Blasenkrebszellen mündete.

Diese Laborarbeit an Zellkulturen (Quercetin oppositely regulates insulin-mediated glucose disposal in skeletal muscle under normal and inflammatory conditions: The dual roles of AMP…) zeigte, dass Quercetin durch die Aktivierung von AMPK zu einer Verbesserung einer entgleisten Glucoseaufnahme bei gleichzeitig verlaufenden Entzündungsprozessen beiträgt.

Mein Zwischenfazit hier: Außer zwei fragwürdigen Arbeiten von ein und dem gleichen Autorenteam scheint es keine schlüssigen wissenschaftlichen Arbeiten zur Frage zu geben, ob Quercetin zum Abnehmen geeignet ist. Die Substanz ist fraglos in der Lage, AMPK zu aktivieren, was diesen Rückschluss wahrscheinlich macht. Ob eine Aktivierung von AMPK durch Quercetin zu einem spezifischen Abnehmeffekt führt, das ist noch eine unbeantwortete Frage.

Berberin

Zu dieser Wirksubstanz hatte ich einen besonders ausführlichen Beitrag geschrieben, der sich auch explizit mit der Aktivierung von AMPK auseinandersetzt: Heilpflanze Berberin | Inhaltsstoffe – Anwendung – Wirkung.

In diesem Beitrag wird nicht nur Berberin, sondern auch das Enzym AMPK (AMP-aktivierte Proteinkinase) diskutiert und erklärt. Das Enzym scheint wirklich eine Art „Hauptschalter“ für metabolische Prozesse der Zellen zu sein. Es hat direkten Einfluss auf biologische Aktivitäten, die mit Glucose-, Lipid- und Energiestoffwechselfragen einhergehen. Eine Blockierung von AMPK führt zu allen Anzeichen eines metabolischen Syndroms mit erhöhten Blutzuckerspiegeln, signifikant erhöhten Blutfettwerten, Energieverlust etc.

Berberin ist in der Lage, AMPK zu aktivieren. Im Artikel diskutiere ich eine Reihe von Arbeiten, die diese Aktivierung und deren physiologische Effekte untersucht haben. Es gibt bei der Einnahme eine Reihe von Interaktionen zu beachten, da Berberin ein Enzym aus der Cytochrom-Familie hemmt, über das eine Reihe von Medikamenten entgiftet werden.

Durch die Hemmung kann es zu Überdosierungen der Medikamente kommen, verbunden mit ernsten bis lebensbedrohlichen Folgen. Dies gilt vor allem für Reinsubstanzen in Form von Nahrungsergänzungsmitteln, wo die Substanz hochdosiert und konzentriert verabreicht wird. Oder mit anderen Worten: Siehe Kommentar oben zu den natürlichen Nahrungsmitteln und wer die „Nase vorn“ hat.

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AMPK und Adipositas

Es gibt nur eine Laborarbeit mit Zellkulturen (Melanocortin-induced PKA activation inhibits AMPK activity via ERK-1/2 and LKB-1 in hypothalamic GT1-7 cells.), die aufgrund von Rückschlüssen einen Zusammenhang zwischen AMPK-Aktivierung und Einfluss auf Adipositas vermutet. Oder mit anderen Worten (wieder einmal): Die Aktivierung von AMPK hat eine lange Liste an physiologischen Effekten zur Folge, bei der Adipositas eine sekundäre Rolle zu spielen scheint.

Über eine positive Beeinflussung von metabolischen Vorgängen ist es wahrscheinlich, dass die Neigung zu Übergewicht reduziert wird. Dies wäre allerdings kein Primäreffekt, sondern ein Folgeeffekt, wie wir ihn auch vom Fasten her kennen. Und damit wäre das alles entscheidende Stichwort gefallen.

In meinem zuvor zitierten Berberin-Beitrag hatte ich festgehalten, dass Hormone, wie Leptin und Adiponectin, ebenfalls zur Aktivierung von AMPK in der Lage sind. Weitere Möglichkeiten zur Aktivierung sind, und jetzt wird es spannend, körperliche Aktivität und Fasten.

LA-3, aus und vorbei

Das heißt also, dass ich eine Aktivierung von AMPK mit relativ einfachen Mitteln erreichen kann, wie zum Beispiel durch körperliche Aktivität und/oder Fasten. Der Eindruck dagegen, den das neue Abnehmmittel erwecken möchte, dass nur mit seiner Hilfe diese Aktivierung und damit ein Abnehmen möglich ist, ist vollkommen haltlos.

Umgekehrt stellt sich hier sogar die Frage, in welcher wissenschaftlichen Arbeit dieses Produkt hat zeigen können, dass es zu einer Aktivierung von AMPK führt und damit verbunden zu einer signifikanten Senkung von Körpergewicht bei übergewichtigen Teilnehmern. Eine solche Studie habe ich nicht finden können.

Die Tatsache, dass hier Quercetin und Berberin als Reinsubstanzen verabreicht werden und nicht in Form von natürlichen Nahrungsmitteln, gibt Grund zu Bedenken, die ich weiter oben ausgeführt hatte.

Wie es aussieht, werden hier eine Reihe von positiven Fakten zusammengestellt und in dieser neuen Konstellation, ohne evidenzbasierte Beweisführung, als angeblich effektives Produkt vermarktet.

Im „Waschzettel“ des neuen Produkts erfahren wir noch, dass neben den drei „wertvollen“ Inhaltsstoffen noch Zusatzstoffe mit von der Partie sind, die wir in der Regel bei anderen Nahrungsergänzungsmitteln oder Medikamenten in Tablettenform auch vorfinden: Stearinsäure und Magnesiumstearat.

Diese nicht mehr ganz so gesunden Zusatzstoffe habe ich in diesem Beitrag etwas näher unter die Lupe genommen, allerdings mit wenig erfreulichen Ergebnissen: Gesunde Nahrungsergänzungsmittel mit krankmachenden Füllmaterialien.

Fazit

Ein neues Abnehmmittel mit nicht zu neuen Marketing Methoden: Annahmen zur Wirksamkeit ersetzen evidenzbasierte Belege; gesunde Inhaltsstoffe als Reinsubstanzen gelten als gesünder als die gleichen Substanzen in natürlichen Nahrungsmitteln; Zusatzstoffe und Füllmittel mit wenig gesundheitsfördernden Eigenschaften werden der Vollständigkeit halber erwähnt, ohne auf deren Problematik hinzuweisen; die vermeintlich einzigartige Wirksamkeit des eigenen Produkts macht es notwendig, eine vergleichbare Wirksamkeit von Alternativen zu leugnen beziehungsweise zu ignorieren.

Für mich fällt die Wahl nicht schwer, wenn ich auf eine Aktivierung von AMPK abziele. Körperliche Aktivität und Fasten (vor allem Letzteres) haben eine lange Geschichte, in der beide haben zeigen können, welche gesundheitlichen Vorteile mit ihnen einhergehen, die sich auch auf das Erlangen beziehungsweise Beibehalten eines normalen Körpergewichts ausweiten.

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