Ernährung

Gesättigte Fette – Wie gesund oder schädlich sind die denn?

Erfahrungen aus der Naturheilpraxis von René Gräber

René Gräber
René Gräber

Gesättigte Fette – das hat nichts mit einer sättigenden Mahlzeit zu tun, die reichhaltig an Fett ist, obwohl die Fette zur Sättigung betragen.

Abb.1: Pflanzenöle (mit Ausnahme von Kokosöl und Olivenöl) enthalten mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Bild: fotolia – popout

Der Begriff kommt vielmehr aus der organischen Chemie und bedeutet, dass Fettsäuren in ihrem Aufbau keine Doppelbindungen zwischen ihren Kohlenstoffatomen aufweisen. Hier sind alle Kohlenstoffatome mit 2 Wasserstoffatomen besetzt und nicht nur mit einem. Daher kommt der Begriff „gesättigt“.

Diese Art der Fettsäuren kommt überwiegend in Tierprodukten vor wie Fleisch, Schweineschmalz, Butter, Milch etc. Einige wenige gesättigte Fettsäuren kommen auch in der Pflanzenwelt vor, wie zum Beispiel Kokosnüsse und Kakao.

Ungesättigte Fettsäuren sind dagegen solche, die in ihrem Aufbau eine oder mehrere Doppelbindungen aufweisen. Als Quelle stehen hier vermehrt die pflanzlichen Produkte im Vordergrund. Ein bekannter Repräsentant der einfach gesättigten Fettsäuren ist das Olivenöl.

Mehrfach ungesättigte Fettsäuren (abgekürzt MUFA oder englisch PUFA) haben zwei und mehr Doppelbindungen.

Fette Fische sind ebenfalls gute Lieferanten für diese Art der Fettsäuren. Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren fallen ebenfalls in diese Kategorie. Sie gelten als essentiell und für die Gesundheit des Menschen unentbehrlich, wenn der Fisch “unbelastet” ist – aber welcher Fisch ist das heute noch?

Gesättigt oder ungesättigt?

Damit stellt sich die Frage, wieviel gesättigte und ungesättigte Fettsäuren sind für die Ernährung zu empfehlen? Antwort: Jedes Kind weiß doch, das die gesättigten Fettsäuren nicht so gesund sind und die ungesättigten zu bevorzugen sind. Das scheint heute immer noch das herrschende Mainstream-Dogma zu sein, wenn schon die renommierte Harvard-University dies lehrt. Stimmt die Mehrheitsmeinung denn wirklich?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung teilt diese Annahme. Unter Gutes Fett – schlechtes Fett: Welche Fette brauchen wir? zitiert sie

„Experten aus Ernährungswissenschaft, Medizin und Lebensmittelrecht“, die „die Bedeutung von Fett von der Entwicklung des Fetus bis hin zu im Alter gehäuft auftretenden Krankheiten“ diskutieren. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass Fette wichtig sind: „In der Säuglingsernährung sind Fette wichtig, weil sie Energie und Bausteine für das strukturelle Wachstum liefern, Körperfunktionen und die mentale Entwicklung beeinflussen. Im weiteren Leben ist der hohe Energiegehalt von Fett bzw. der Fettgehalt in der Nahrung im Hinblick auf die Entwicklung des Körpergewichts von Bedeutung. U. a. bestimmt die Menge der Fettzufuhr, ob das Körpergewicht ansteigt oder gehalten bzw. reduziert werden kann.“

Eigentlich nichts Neues von den Damen und Herren „Experten“. Solche Erkenntnisse waren damals bei mir Gegenstand in Biologie in der Oberstufe des Gymnasiums.

Endlich kommt man zu unserer oben gestellten Frage. Die Antwort der DGE:

„Gesättigte und trans-Fettsäuren erhöhen das Risiko, langkettige n-3 Fettsäuren senken das Risiko für eine tödliche KHK. Sie scheinen auf Grund ihrer Wirkungen auch zur Prävention weiterer chronischer Krankheiten, vor allem Krankheiten mit einer entzündlichen bzw. immunologischen Komponente, beitragen zu können.“

Unter Cholesterinwerte im Griff sieht die DGE mehr Vorteile als nur die Fähigkeit, Cholesterin und LDL-Cholesterin zu senken:

„Anstelle der eingesparten Fette nehmen Sie die Kalorien über Brot, Nudeln, Reis, Haferflocken, Gemüse, Salate, Obst, Hülsenfrüchte sowie Kartoffeln auf. Diese pflanzlichen Lebensmittel sind fettarm und und cholesterolfrei. Sekundäre Pflanzenstoffe in Gemüse und Obst haben cholesterolsenkende, antioxidative und antientzündliche Wirkungen.“

In diesem Beitrag ging es darum, die Menge an Fett im Essen und das Verhältnis von gesättigten und ungesättigten Fettsäuren zu ermitteln. Bemerkenswert der letzte Satz der DGE, den ich so nicht erwartet hätte, dass nämlich sekundäre Pflanzenstoffe antioxidative und entzündungshemmende Wirkung haben, eine Erkenntnis, die sich längst nicht als selbstverständlich herumgesprochen hat.

Denn „cholesterinsenkend“, „antioxidativ“ und „anti-entzündlich“ sind grenzwertig Heilaussagen, die man für natürliche Wirksubstanzen per Gesetz nicht machen darf. Für das Mengenverhältnis in der Ernährung gibt die DGE an, dass man je nach körperlicher Aktivität 30 bis 35 Prozent Fette zu sich nehmen sollte und unter 10 Prozent gesättigte Fettsäuren (also 20 bis 25 Prozent ungesättigte Fettsäuren).

Im Beitrag „Mehrfach ungesättigte Fettsäuren senken das Risiko für koronare Herzkrankheiten“ (dge.de/presse/pm/mehrfach-ungesaettigte-fettsaeuren-senken-das-risiko-fuer-koronare-herzkrankheiten/) bemüht die DGE dann noch die Wissenschaft, um die Vorzüge der ungesättigten Fettsäuren zu demonstrieren, und das ausgerechnet mit – einer Meta-Analyse.

Die hatte nämlich an zusammengewürfelten 13.600 Probanden und acht Studien festgestellt, dass eine vermehrte Zufuhr von ungesättigten Fettsäuren zu einem 19-prozentigen Rückgang des Risikos für eine koronare Herzkrankheit ergab. Und weiter: Je länger die Studien dauerten, desto deutlicher wurde dieser Effekt.
Andere Studien, die die DGE auf ihre Seite erwähnt, diesmal prospektive und randomisierte kontrollierte Studien, kommen zu sehr ähnlichen Ergebnissen wie die Meta-Analyse.

Der Gegenschlag

Ganz ohne Gegenwehr wird der Standpunkt der DGE, der die offizielle Version landesweit ist, nicht gelten gelassen.

Dr. Mercola (ein Arzt aus den USA) sieht diese Dinge ganz anders. Unter Saturated Fat: The Forbidden Food You Should Never Stop Eating kontert er die Argumente der ungesättigten Anhänger mit – einer Meta-Analyse: Meta-analysis of prospective cohort studies evaluating the association of saturated fat with cardiovascular disease, die statt 8 Studien 21 enthielt und statt 13.600 Probanden 348.000 (in Amerika ist halt alles etwas größer). Und hier konnten die Autoren kein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfälle beobachten.

Eine weitere Studie aus dem Jahr 2010 (Saturated fat, carbohydrate, and cardiovascular disease) unterstrich die unterschiedlichen Ergebnisse verschiedener Studien zu dieser Frage. Für die Autoren dieser Arbeit war es aber viel wichtiger zu fragen, wodurch eine Reduktion von gesättigten Fetten ersetzt wird.

Zum Weiterlesen:

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Leider bestehen heute Tendenzen, die als Ergänzung Kohlenhydrate vorsehen, oft raffinierter Zucker. Was das für den Stoffwechsel, die Insulinempfindlichkeit und das Körpergewicht heißt, habe ich in einigen Beiträgen diskutiert:

Und da ich die Sache gerade mit dem Zucker für besonders bedenklich halte, habe ich dazu auch ein Buch verfasst: “Wie Zucker uns krank macht…”

Damit ist auch Dr. Mercolas Standpunkt klar: Für ihn sind Übergewicht, metabolisches Syndrom, Diabetes Typ-2, etliche Krebserkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und so weiter weniger ein Problem des Verzehrs von gesättigten Fettsäuren anstelle von ungesättigten.

Vielmehr sieht er in dem vermehrten Konsum von Zucker und ähnlichen Kohlenhydraten das viel größere Problem. Oder mit anderen Worten: Die Diskussion über gesättigt oder ungesättigt lenkt vom wahren Problem ab.

Abb. 2: Das wahre Problem sind meines Erachtens die ganzen industriell stark verarbeiteten Dinge, die vor allem auch Fett und Zucker kombinieren, wie zum Beispiel: Chips (Stärke und Fett) oder die sogenannten “Teilchen” (Weißmehl, Zucker, Fett). 

Vielleicht etwas unfreiwillige Hilfe bekommen die Gegner der „anti-gesättigte Fettsäure“ Kampagne von Wikipedia (Gesättigte und ungesättigte Fettsäuren). Denn hier erfahren wir, dass bei den ungesättigten Fettsäuren neben der cis-Konfiguration (dies bezeichnet die Art der Lage der Doppelbindungen im Molekül) auch trans-Konfigurationen vorkommen können, was bei gesättigten Fettsäuren nicht möglich ist.

Trans-Fette sind mit absoluter Sicherheit schädlicher als gesättigte Fettsäuren. Sie sind vermehrt in Margarine zu finden, die lange Zeit als besonders gesund galt und wohl auch noch immer gilt, da sie meist pflanzlichen Ursprungs ist und dementsprechend viele ungesättigte Fettsäuren enthält. Aber trans-Fettsäuren machen das real, was man den gesättigten Fettsäuren nachsagt – sie erhöhen das Risiko für die koronare Herzkrankheit.

Dazu kommt noch, dass ungesättigte Fettsäuren wesentlich rascher oxidieren als die gesättigten. Und oxidiertes = ranziges Öl ist alles andere als gesund. Wird das Öl in der Flasche ranzig, dann wird es ungenießbar und man wirft es weg. Aber diese Öle oxidieren auch nach der Aufnahme im Organismus, besonders dann, wenn die Kapazitäten des Organismus an Antioxidantien zu wünschen übrig lassen.

Bei der Oxidation entsteht das Aldehyd Propandial (MDA), das chemisch sehr aggressiv ist und die DNA, Proteine und andere organische Moleküle verändert. Besonders anfällig für diese Reaktionen ist die Omega-6-Fettsäure Linolsäure.

Und das heißt mit anderen Worten, dass ungesättigte Fettsäuren nur dann richtig wirken können, wenn sie nicht durch oxidative Prozesse „entstellt“ werden. Denn dann wird aus „gesund“ schnell „ungesund“. Dies ist mit ein Grund, warum man unter den Ölen zum Braten und anderweitigen Anrichten von Speisen das Kokosöl als das Beste erachtet.

Grund: Kokosöl besteht nur aus gesättigten Fettsäuren und kann daher weder ranzig werden, noch kann es zur trans-Fettsäure umgebaut werden.

Dann fanden Wissenschaftler noch heraus, wie die ungesättigten Fettsäuren den Darm schädigen. Besonders die Omega-6-Fettsäuren, wie sie im Maisöl reichhaltig vorkommen, schwächen die Darm-Barriere. Dabei lockern sich bestimmte Zwischenzellverbindungen (Tight Junctions) in der Darmschleimhaut, wodurch alle möglichen Toxine leichter in den Körper geraten. Außerdem sind die ungesättigten Fettsäuren ein hervorragender Nährboden für ungünstige Keime in der Darmflora. Die gesättigten Varianten hingegen fördern positiv wirkende Darm-Bakterien: Gut Mucosal Proteins and Bacteriome Are Shaped by the Saturation Index of Dietary Lipids

Selbst die vielgepriesene entzündungshemmende Wirkung der Omega-3-Fettsäuren kann ein zweischneidiges Schwert sein. Denn das kann auch eine Immun-Suppression  bedeuten. Eine Rolle spielt dabei offensichtlich auch das Mengenverhältnis zwischen Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren. Einzelergebnisse aus Studien besagen beispielsweise, dass Omega-6 Darmentzündungen verstärkt, aber systemische Entzündungen verhindert: Fish oil attenuates omega-6 polyunsaturated fatty acid-induced dysbiosis and infectious colitis but impairs LPS dephosphorylation activity causing sepsis

Aber das sind oft Ergebnisse aus Tierversuchen, die nur schwache Hinweise auf die Verhältnisse beim Menschen liefern.

Je mehr geforscht wird, umso verwirrender wird die Frage, ob gesättigt oder ungesättigt besser ist. So entdeckten Wissenschaftler, dass Ölsäure und Linolsäure vermittels einer Rezeptor-Blockade in den Stoffwechsel der Schilddrüsen-Hormone eingreifen. Gesättigte Fettsäuren haben diese Eigenschaft zwar auch, aber längst nicht in dem Ausmaß wie die ungesättigten: Inhibition of nuclear T3 binding by fatty acids: dependence on chain length, unsaturated bonds, cis-trans configuration and esterification

So geraten die Pflanzenöle, die erst seit rund 100 Jahren in größerem Ausmaß zu unsere täglichen Kost gehören, doch langsam in die Kritik. Doch auch hier scheint die Menge ausschlaggebend zu sein und, wie uns die Experten raten, das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3. Wer sich „konventionell“ ernährt, nimmt einen Überschuss an Omega-6 zu sich. Solche Empfehlungen machen die Ernährung nicht gerade einfach. Da ist es schon besser, Maisöl und Co. insgesamt drastisch zu reduzieren.

Wie denn, was denn, wo denn?

Was soll man nun denken?

Doch mehr gesättigte Fettsäuren?

Oder doch lieber ungesättigte?

Und wenn ich Fett allgemein in meiner Ernährung reduziere, wodurch soll ich das fehlende Fett ersetzen? Kohlenhydrate sind nicht die Lösung des Problems, da sie noch aggressiver meine Gesundheit torpedieren zu scheinen als die Fette. Mehr Protein, davon wird auch abgeraten.

Sicher sind mehr Ballaststoffe eine Antwort auf diese Frage, wenn auch eine Unvollständige. In meinem Forum tauchte diese Frage ebenfalls auf Kein Zucker, viel Eiweiß, kein Fett – was denn nun?

Meine Antwort dazu ist einfach und genau so verwirrend:

Willkommen im Diäten-Wirrwarr!

Ich hatte bereits an anderer Stelle die mangelnde Wissenschaftlichkeit der Ernährungswissenschaft unter die Lupe genommen. Diese sich ewig und immer wieder widersprechenden Hypothesen zur Ernährung und ihren Bestandteilen ist das praktische Resultat einer „Wissenschaft“, die nicht an Wissenschaft interessiert ist.

Und das alles jetzt schon über etliche Jahrzehnte. Da sieht man als Zaungast drei Mannschaften streiten, die Fetten, die Kohlenhydrate und die Eiweißler, dazu noch die Fetten gespalten in gesättigt und ungesättigt. Und jeder bringt eine oder gleich drei Studien, die den eigenen Standpunkt verifizieren helfen – und wenn es eine billige Meta-Analyse ist.

Fazit

Nach meinem Dafürhalten kann man sich diese ganze Diskussion schenken und zwar ohne Angst haben zu müssen, man verliere etwas.

Die Alternative: Sich natürlich ernähren wo nur möglich. Pflanzliche Nahrung bevorzugen, auch wegen der zumeist basisch wirkenden Einflüsse auf den Säure-Basen-Haushalt des Organismus.

Aber man braucht kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn sich ab und an ein Steak aus organischer Zucht auf den Mittagsteller „verirrt“. Denn Irren ist fleischlich.

Beitragsbild: 123rf.com – nito500

Dieser Beitrag wurde im Dezember 2023 erstellt und letztmaöig am 16.04.2024 aktualisiert.

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