Lebererkrankungen

Das Phänomen Leberschmerz

Erfahrungen aus der Naturheilpraxis von René Gräber

René Gräber
René Gräber

Die Leber (Hepar) ist die wichtigste und größte Verdauungsdrüse des menschlichen Körpers. Sie ist von weicher Konsistenz, im rechten Oberbauch lokalisiert und lässt sich in vier unterschiedlich große Lappen (Lobi) unterteilen. Bei Erwachsenen wiegt das Organ zwischen 1.400 und 2.000 Gramm.

Die Leber ist gut durchblutet. An ihrer Unterseite treffen sich Pfortader, welche Abbauprodukte, Nahrungsbestandteile und Hormone transportiert, und Leberarterie, die das sauerstoffreiche Blut vom Herzen mit sich führt.

Die Leber gilt als Hauptentgiftungsorgan des Menschen. Sie ist unter anderem in der Lage, Abwehrstoffe, Gallensekret und Bluteiweiße (Plasmaproteine, zum Beispiel Albumin) zu bilden. Nahezu alle ins Blut aufgenommenen Nährstoffe aus Nahrung und Flüssigkeit passieren das zentrale Organ, welches den aktuellen Nährstoffbedarf misst und die Abgabe ins Blut reguliert. Die Leber beeinflusst hormonell den Blutzuckerspiegel (durch Insulin und Glucagon), steuert die Synthese von lebenswichtigen Körperbausteinen (zum Beispiel Cholesterin, Ketonkörper) und speichert Glucose, Fette, bestimmte Vitamine sowie Blut.

Störungen oder Erkrankungen der Leber machen sich auf sehr unterschiedliche Weise bemerkbar. Das Organ selbst verfügt über keine Schmerzrezeptoren, lediglich die umgebende Kapsel kann auf Veränderungen reagieren. Das Symptom Leberschmerz wird hauptsächlich durch Druck auf Nachbarorgane oder umgebende Strukturen verursacht (zum Beispiel bei Vergrößerung = Anzeichen einer Entzündung), nicht vom Organ selbst.

Meist wird ein dumpfer, diffus (bis in Schulter oder Rücken) ausstrahlender Schmerz in der Oberbauchregion, dicht am rechten Rippenbogen, wahrgenommen. Die Beschwerden werden nicht selten als „gewöhnliche“ Bauchschmerzen, Darmstörungen sowie Störungen der Nieren- oder Milzfunktion fehlinterpretiert. Durch Druck unterhalb des rechten Rippenbogens lässt sich der Schmerz weiter verstärken. Eine Störung der Leberfunktion geht im Verlauf vielfach einher mit einer ausgeprägten Symptomatik, welche der Diagnostik dienlich sein kann.

Es kommt vor allem zu einer Gelbfärbung (Ikterus) von Haut und Skleren (Lederhaut der Augen), einer glatten, glänzenden Zunge (Lackzunge) sowie einer Wasseransammlung im Bauchraum (Aszites). Die unter der Hautoberfläche liegenden, feinen Gefäße können sich deutlich erweitern (Spider naevi) oder die Bauchbehaarung geht verloren. Ferner sind Atemnot, Fieber, Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, ein bitterer Geschmack im Mund oder ein unstillbarer Juckreiz möglich.

Erkrankungen und Funktionsstörungen der Leber beeinflussen immer den Allgemeinzustand Betroffener. Als Leitsymptom gilt die chronische Müdigkeit, die meist einhergeht mit körperlicher Erschöpfung oder Verdauungsproblemen. Die Ursachen für Leberschmerzen sind sehr vielfältig und nicht immer leicht zu diagnostizieren. So können unter anderem verschiedene Nahrungsmittel, Getränke (vor allem Alkohol) oder der Genuss von Nikotin zu einer deutlichen Zunahme der Beschwerden führen.

Die Hepatitis ist eine Entzündung der Leber, die durch unterschiedliche Faktoren ausgelöst werden kann. Neben Viren, Bakterien und Pilzen kommen Immunerkrankungen, Gendefekte sowie Vergiftungen (zum Beispiel durch Medikamente, Alkohol) in Frage. Als Sonderform gilt die Fettleberhepatitis (Steatohepatitis). Der regelmäßige Genuss fettreicher Speisen oder hoher Mengen an Alkohol führen dazu, dass die Leber ihrer Entgiftungsfunktion nicht mehr nachkommen kann. Folge ist die übermäßige Speicherung von Fetten und Zuckerbausteinen, wodurch das Organ anschwillt und Nachbarstrukturen verdrängt. Neben dem Schmerzgefühl im rechten Oberbauch leiden Betroffene vor allem an Übelkeit, Erbrechen, Durchfällen und Appetitlosigkeit.

Diese Störung ist bis zu einem gewissen Grad reversibel, vor allem durch eine strikte Änderung der Lebensweise. Werden die Anzeichen ignoriert, droht die chronische Ausbildung in Form einer Leberzirrhose. Hierbei gehen Leberzellen zugrunde, das Organ schrumpft (durch Vernarbung) und kann seinen Funktionen nicht mehr nachkommen. Folgen sind unter anderem die Anreicherung von Giftstoffen im Körper, eine verminderte Syntheseleistung sowie die mögliche Entgleisung des Blutzuckerspiegels.

Die Leberinsuffizienz beschreibt das Unvermögen der Leber, ihren Aufgaben physiologisch nachkommen zu können. Dies kann unter anderem durch die regelmäßige Einnahme von Medikamenten oder den übermäßigen Genuss von Alkohol verursacht sein. Vielfach liegt auch eine Virusinfektion zugrunde.

Typische Begleitsymptome sind die Wasseransammlung im Bauchraum sowie ödematös geschwollene Unterschenkel. Die Einlagerung von Körperflüssigkeiten ist Folge eines Eiweißmangels, welcher auf eine unzureichende Zufuhr mit Nährstoffen beruht. Hierdurch ist die Leber nicht mehr in der Lage, die Verteilung des „Körperwassers“ zu regulieren, welches dann übermäßig aus den Gefäßen in die umliegenden Gewebe strömt.

Das Leberkarzinom ist in den westlichen Industrieländern eher selten und kann von den Leberzellen selbst (primärer Tumor) gebildet sein oder durch Streuung anderer Organtumoren (Metastasen) entstehen. Männer sind eher betroffen als Frauen. Zwar ist die Entstehung des Karzinoms noch nicht vollständig geklärt, jedoch begünstigen eine Hepatitis-Infektion sowie die regelmäßige Alkoholintoxikation diese deutlich.

Weitere Risikofaktoren sind Übergewicht, Diabetes mellitus Typ 2, die Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit), die Einnahme von Anabolika, der regelmäßige Kontakt mit Chemikalien oder auch die Vergiftung mit Aflatoxin B1 (Gift eines speziellen Pilzes, der sich in feuchten Klimaten auf bestimmten Anbauprodukten finden lässt).

Die Stauungsleber entsteht als Folge einer Pumpschwäche des Herzens (Herzinsuffizienz). Das Blut staut sich in den Leberläppchen, wodurch das Organ anschwillt. Im Verlauf nimmt der Druck derart zu, dass Zellen absterben und es zu einer deutlichen Funktionsminderung der Leber kommt.

Durch verschiedene Ursachen kann die Sauerstoffzufuhr in der Leber gestört sein. Dieser Sauerstoffmangel (Hypoxie) kann dazu führen, dass Stoffwechselprozesse verlangsamt sind oder selbst Leberzellen zugrunde gehen.

Leberschmerzen treten vor allem durch verschiedene Erkrankungen oder Störungen in Erscheinungen. Daneben können sie durch verschiedene Tätigkeiten oder alltägliche Abläufe provoziert bzw. verstärkt werden. Treten krampfartige Beschwerden im rechten Oberbauch unmittelbar nach oder während einer (vor allem fettreichen) Nahrungsaufnahme auf, so ist meist die Gallenblase betroffen, nicht die Leber. Die Intensität der Schmerzen nimmt vielfach zu, wenn die betroffene Person aufsteht.

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Es sind vor allem Gallensteine, die den Abfluss der Gallenflüssigkeit verhindern, wodurch die Fettverdauung im Darm gestört wird. Dieses Phänomen ist auch bei Alkoholmissbrauch zu beobachten. Die starken Schmerzen im rechten Oberbauch werden hierbei jedoch von der Leber verursacht. Der übermäßige und regelhafte Konsum von Alkohol kann im Verlauf zum Absterben von Leberzellen (Leberinsuffizienz, Leberzirrhose) führen, das vernarbte (fibrosierte) Organ büßt hierdurch unwiederbringlich seine Funktionsfähigkeit ein.

Treten Leberschmerzen beim tiefen Ein- und Ausatmen auf (zum Beispiel beim Sport), kann dies zum einen auf eine Störung der Gallenblasenfunktion (zum Beispiel Entzündung) hindeuten, zum anderen aber auch Hinweis auf eine Rippenfraktur sein. In diesem Fall lässt sich der Schmerz durch Drehen des Oberkörpers sowie einem Beugen des Oberkörpers nach vorn forcieren.

In seltenen Fällen kann es nach Entfernung der Gallenblasen zu einem Symptomkomplex kommen, bei dem u.a. Schmerzen unter dem rechten Rippenbogen auftreten. Der Mediziner spricht hierbei vom Postcholecystektomiesyndrom. Betroffene leiden unter anhaltenden Durchfällen, Blähungen und Bauchmerzen, die durch den Genuss von fettreichen Mahlzeiten noch verstärkt werden.

Schmerzen im rechten Oberbauch, in Nähe des Brustkorbes, können auch beim Laufen (zum Beispiel Joggen, Rennen, Ausdauersport) auftreten. Diese meist mit dem Begriff „Seitenstiche“ gekennzeichneten Beschwerden sind vermutlich auf eine Überlastung (Dehnung) des Bandapparates zurückzuführen, welcher vom Zwerchfell in den Bauchinnenraum zieht (zur Stabilisierung der Organe). Die Bänder bewegen sich atmungsabhängig, die mit ihnen in Verbindung stehenden Organe somit ebenfalls. Durch Ein- und Ausatmung hebt und senkt sich u.a. auch die Leber.

Während der Schwangerschaft kann es durch Zunahme des Gebärmutterumfanges zu einem Druck auf die Leberregion kommen. Der Druck führt zu einem dumpfen Schmerz unterhalb des rechten Rippenbogens, der unangenehm für die Betroffene ist, aber keinen Grund zur Sorge darstellt. Dagegen ist das HELLP-Syndrom (H = Hämolyse, EL = Elevated liver enzymes / Erhöhung der Leberenzyme, LP = low platelet count / Thrombozytopenie) eine schwere Erkrankung von Schwangeren mit einer Inzidenz von 2 : 300. Beim HELLP-Syndrom kommt es In der Gebärmutter zu einer erhöhten Blutgerinnung. Folgen sind zum Beispiel eine gesteigerte Blutungsneigung, Blutergüsse in der Leberkapsel sowie Fibrinablagerungen.

Die Leberkapsel ist deutlich gespannt und verursacht starke, diffus ausstrahlende Schmerzen im rechten Oberbauch. Das HELLP-Syndrom stellt einen lebensbedrohlichen Zustand dar, weshalb Schwangere Leberschmerzen immer abklären lassen sollten, auch wenn die Beschwerden eventuell nur durch die vergrößerte Plazenta verursacht sind.

Nicht immer müssen Leberschmerzen Anzeichen sein für schwerwiegende Erkrankungen, sie sollten jedoch immer ärztlich abgeklärt werden. Differentialdiagnostisch auszuschließen sind unter anderem das Reizdarmsyndrom, eine Lungenentzündung oder Gallengangsstörungen, die eine sehr ähnliche Schmerzsymptomatik aufweisen können.

Häufig kann die körperliche Untersuchung bereits erste Anhaltspunkte liefern, zum Beispiel durch Betrachten der Haut und Skleren (Gelbfärbung) oder Begutachtung des Körperbaus (übermäßige Wasseransammlungen = deutlich sichtbare Schwellungen). Daneben erfolgen die Palpation (Abtasten) der Leberregion, Blutuntersuchung und Urinuntersuchung, die Sonographie der Leber und bei Verdacht auch die Biopsie zur feingeweblichen Auswertung.

Die anschließende Therapie richtet sich nach der Diagnose. Zur Prävention bieten sich vor allem eine gesunde, ausgewogene Lebensweise sowie ein physiologisches Körpergewicht (Vermeidung von Adipositas) an. Dies beinhaltet u.a. den Verzicht auf übermäßigen Alkoholkonsum und fettreiche Mahlzeiten, die Meidung von Noxen (z.B. Nikotin) oder anregenden Getränken (zum Beispiel Kaffee), keine scharfen Speisen und Gewürze, dafür viel frisches Gemüse und Obst. Eine Unterstützung der Entgiftungsfunktion der Leber (zum Beispiel durch Fastenkuren oder pflanzliche Produkte wie Löwenzahn und Artischocken) kann sich deutlich positiv auswirken.

Beschwerden im Bereich der Leber sollten immer ärztlich abgeklärt werden. Betroffene neigen vielfach dazu, Schmerzen selbst therapieren zu wollen (zum Beispiel mittels Wärmeflasche). Jedoch kann das Symptom Hinweis geben auf eine ernstzunehmende Erkrankung, die schnellstmöglich fachärztlich behandelt werden sollte.

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Beitragsbild: 123rf.com – Katarzyna Bialasiewicz

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