Darmkrankheiten

Die Verdauungsleukozytose

Erfahrungen aus der Naturheilpraxis von René Gräber

René Gräber
René Gräber

Als „Leukozytose“ bezeichnen die Mediziner eine unphysiologische hohe Vermehrung von Leukozyten im Blut. Der Normbereich liegt zwischen 4500 und 11.000 Leukozyten pro Mikroliter Vollblut (Leukopenie ist das Gegenteil = eine herabgesetzte Zahl an Leukozyten).

Die Erhöhung der Leukozyten ist eine Reaktion des Immunsystems auf Unregelmäßigkeiten im Organismus und oft Teil von Entzündungsvorgängen. Pathologisch erhöhte Werte, die nicht vom Immunsystem ausgehen, können Zeichen für eine Leukämie sein. Aber diese Ursachen sind leider nicht allein verantwortlich für eine Leukozytose.

Medikamente und Rauchen können ebenfalls zur Erhöhung der Leukozyten führen. Seit den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts weiß man, dass die Nahrungsaufnahme ebenfalls zu einer Leukozytenerhöhung führen kann, mehr oder weniger ausgeprägt, je nach den Nahrungsmitteln, die man zu sich nimmt. Eine solche Leukozytose wird auch Verdauungsleukozytose genannt.

Wikipedia beschreibt dieses Phänomen als einen „physiologischen“ Vorgang, was bei mir den Verdacht nährt, dass hier „physiologisch“ mit „normal“ verwechselt wird.

Denn in den sogenannten alternativmedizinischen Kreisen gibt es Ernährungsformen, die eine solche Verdauungsleukozytose nach Nahrungsaufnahme nicht provozieren. Und das sind Nahrungsmittel, die wenig oder gar nicht gekocht werden. Für Wikipedia (als Stellvertreter für die schulmedizinische Meinung) „gibt es keine wissenschaftlichen Daten, die den . . .  Zusammenhang mit gekochter/denaturierter Nahrung stützen“.

Oder mit anderen Worten: Vegetarische Ernährung erzeugt genau die gleiche Verdauungsleukozytose wie die, die wir in Plastik eingepackt im Discounter kaufen können. Aber gibt es dafür wissenschaftliche Daten? Ich habe keine finden können.
Aber mit Wikipedia und der Alternativmedizin ist es eh so eine Sache, wie ich in meinem Beitrag: Wikipedia und die Alternativmedizin ausführe.

Nachweis der Verdauungsleukozytose

Aber:  Auf der Suche nach Studien ist mir Folgendes auf den Monitor „geflattert“: https://ajpregu.physiology.org/content/273/2/R548

Dies ist eine ältere Arbeit (1997), die die Verdauungsleukozytose nachweist. Das halte ich für nicht unwichtig, da die Schulmedizin sehr oft solche Dinge abstreitet oder als unsinnig und ideologisch abtut. Die Autoren der Arbeit beobachteten auch ein Einwandern der Lymphozyten in das Gewebe im Bauchraum, das in unmittelbarer Nähe zum Dünndarm liegt und schlossen daraus, dass die Verdauungsleukozytose und die Migration von Lymphozyten eine Immunantwort auf die Antigene in der aufgenommenen Nahrung sein können.

Verdacht auf Arteriosklerose

Postprandial leukocyte increase in healthy subjects: Diese Arbeit aus dem Jahr 2003 brachte die gleichen Ergebnisse für den Verzehr von Fetten. Die Autoren mutmaßten hier, dass die Erhöhung der Leukozyten im Blut auch einen Einfluss auf die Ausbildung einer Atherosklerose haben kann.

Hier treten die ersten Gedanken auf die Bühne, dass Atherosklerose doch etwas mit Entzündungen der Gefäße zu tun haben könnte und nicht ausschließlich auf das böse Cholesterin zurückzuführen ist. Ausführlicher beleg ich das übrigens in meinem Beitrag: Volkskrankheit Arteriosklerose.

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12562833?dopt=Abstract”dysfunction: Diese Arbeit aus dem gleichen Jahr nennt schon Ross und Reiter: Die Autoren betrachten Atherosklerose als das Resultat eines unterschwelligen Entzündungsprozesses, der Leukozyten, Lipide und Glukose mit einschließt. Auch sie sahen eine Erhöhung der Leukozyten nach Fett- und Glukoseaufnahme, gepaart mit einer Zunahme an freien Radikalen (Hydroperoxide). Andere Entzündungsmediatoren nahmen in der Folge ebenfalls zu. Diese Komponenten zusammen genommen sind für die Autoren relevante Faktoren, die für eine Beschleunigung der Ausbildung einer Atherosklerose sprechen.

Fazit: Es scheint kein Argument gegen die Annahme der Existenz der Verdauungsleukozytose zu geben, im Gegenteil. Die hier aufgeführten Arbeiten erregen den Verdacht, dass Essen höchst ungesund sein muss. Und das ist kaum von der Hand zu weisen.

Damit ist die Verdauungsleukozytose nach der Mahlzeit nicht unbedingt etwas „Physiologisches“, also Normales. Denn das würde ja bedeuten, dass wir nur noch die Wahl haben, an Atherosklerose zu erkranken oder zu verhungern.

Warum gibt es dann Menschen, die keine Atherosklerose selbst im fortgeschrittenen Alter aufweisen?

Haben die die ganze Zeit nichts gegessen (nur Luft und Liebe sehr wahrscheinlich)?

Hier drängt sich ein neuer Verdacht auf, nämlich dass es Nahrungsmittel gibt, die eine Verdauungsleukozytose provozieren und solche, die das nicht tun. Aber laut Wikipedia gibt es keine wissenschaftlichen Daten dazu. Stimmt – wenn man die nicht sehen will, dann gibt es die auch nicht!

Avocados gegen Hamburger

Hass avocado modulates postprandial vascular reactivity and postprandial inflammatory responses to a hamburger meal in healthy volunteers. – Eine Arbeit aus dem Jahr 2013. Die Ergebnisse dieser Arbeit übertreffen insofern meine kühnsten Erwartungen, da hier der Verzehr von Hass-Avocados nicht nur keine Verdauungsleukozytose provozierte, sondern eine solche aufgrund gleichzeitigem Verzehr von Hamburgern verhinderte. Die Autoren hatten eine kleine Gruppe von gesunden Probanden Hamburger essen lassen beziehungsweise Hamburger zusammen mit Avocados.

Gemessen wurden nicht nur Leukozyten, sondern auch andere Parameter, die einen Entzündungsprozess aufzeigen. Unter Hamburger-Essen allein stiegen alle Werte signifikant an. Die Kombination Hamburger und Avocado ließ die Werte weitestgehend unverändert. Sogar die Triglyceride stiegen in der Kombination nicht an im Vergleich zum Hamburger-Essen alleine. Für die Autoren war klar, dass der Verzehr von Avocado einen nützlichen Effekt auf die Entwicklung von Entzündungsprozessen haben muss und damit auch vor Gefäßschäden schützen könnte.

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Orangensäfte gegen Entzündungen

Orange juice intake during  meal consumption reduces the postprandial low-grade inflammatory response in healthy subjects. – Ich bin nicht der größte Freund von Orangensäften (siehe auch Der quasi gesunde Orangensaft und Einen Orangensaft ohne Orange und ohne Saft, bitte). Auch in dieser kleinen Studie mussten gesunde Probanden fettes Essen zu sich nehmen in Kombination mit rotem oder gelbem Orangensäften, oder als Kontrolle ohne den Saft.

Der rote Orangensaft zeigte eine etwas bessere Wirksamkeit als der gelbe in Bezug auf die Verhinderung der Erhöhung der weißen Blutkörperchen und der Freisetzung von freien Radikalen nach dem Essen. Die Autoren bewerten diese Ergebnisse als einen wichtigen Beitrag zur Verhinderung von schleichenden Entzündungsprozessen bedingt durch eine suboptimale Ernährung.

Fazit: Es werden keine Angaben über die verwendeten Orangensäfte gemacht. Ich würde aber fast davon ausgehen wollen, dass es frisch gepresste waren. Beeindruckend ist jedoch, dass genau die gleichen Effekte auftreten, die die Autoren der zuvor diskutierten Studie unter Avocados auch gesehen haben.

Fazit

Für mich sind diese beiden letzten Arbeiten die „wissenschaftlichen Daten“, die man in Wikipedia nicht finden will. Eine Studie mit Avocados und O-Saft alleine – welches Ergebnis dürften wir hier erwarten?

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine „wikiologisch normalen“ Effekte einer Verdauungsleukozytose. Die Behauptung der „alternativmedizinischen Kreise“, dass Verdauungsleukozytosen unter vegetarischer Kost nicht oder nicht so ausgeprägt auftreten, wird durch diese neuen Arbeiten massiv unterstützt.

Und auf der anderen Seite eröffnet sich ein neues Argumentationsfeld gegen eine Ernährungsform, die von Wikipedia, Schulmedizin, Ernährungswissenschaft und Lebensmittelindustrie als „normal“ und „physiologisch“ bezeichnet wird, und die ein Bild zeichnen, wo Atherosklerose und Entzündungsprozesse als „quasi unvermeidbar, weil Teil des Essens“ dargestellt wird.

Beitragsbild: 123rf.com – thamkc

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